Tesla oder sein Konkurrent von Jaguar

Aus einem Interview mit Dr. Wolfgang Ziebart (Entwicklungschef bei Jaguar Land Rover)

Mit Spannung erwartet
Besser sein als Tesla: Diesen Anspruch hat der Jaguar I-Pace, das erste Elektroauto von Jaguar, das 2018 beim Händler steht. Seine relativ flache Karosserie macht den I-Pace zu keinem klassischen SUV. Beim Platzangebot übertrifft er sogar den größeren F-Pace.

Jaguar I-Pace Umdenken bei Jaguar:
Die noblen Briten, bisher bekannt für starke Verbrennungsmotoren, setzen in Zukunft auf Elektroautos. Mit 400 PS, 500 Kilometern Reichweite und einer Beschleunigung von 4 Sekunden auf 100 km/h gilt der I-Pace als echte Konkurrenz zu Tesla. Noch ist der 4,68-Meter-SUV eine Studie, doch „sehr seriennah“, verrät Dr. Wolfgang Ziebart, als wir ihn bei einer ersten Präsentation des I-Pace in der Jaguar-Boutique am Münchner Odeonsplatz treffen.

Wie kommt Jaguar zu einem E-Auto?
Ralf Speth (Vorstandsvorsitzender von Jaguar Land Rover) und ich beschlossen beim Abendessen, das beste Elektroauto der Welt zu bauen! Ralf Speth war zum Glück dazu bereit, auch wenn er wusste, dass das Projekt teuer werden würde. Ende 2013 haben wir dann ein Team von 30 bis 40 Leuten zusammengestellt, später wurden es 250.

Wie schwierig war es für die Ingenieure, sich auf ein E-Auto einzustellen?
Motorenexperten sind ja nur ein Teil des Teams. Der größere Bereich macht andere Dinge, zum Beispiel die Fahrzeugkonzeption. Aber auch das ist eine Herausforderung. Schließlich braucht es ein völlig anderes Raumkonzept. Die Experten wurden aus ganz Europa angeworben. So ist der Chef der Motorenentwicklung zum Beispiel ein Grieche, im Batteriemanagement arbeiten viele Polen. Experten von anderen Autoherstellern wurden nur zum Teil angeworben. Bei den Kernthemen, also der Batterie, dem Batteriemanagement und dem Antrieb wurde niemand von den Konkurrenten abgeworben, sondern es wurde sich in anderen Branchen umgesehen. Es gab ja keinen Autohersteller, der viel Erfahrung mit Elektroautos hatte.
Einen Zulieferer zu beauftragen oder mit Tesla zu kooperieren war keine Option. Als wir angefangen haben, gab es keine Lieferantenstruktur und keinen, der Erfahrung mit einer Antriebsbatterie gehabt hätte. Wichtig war uns, eigenes Know-how aufzubauen. Daher kam auch keine Zusammenarbeit mit Tesla infrage. Darüber wurde nicht mal fünf Sekunden nachgedacht!

„Ein Elektromotor liefert einem beinahe jede Leistung. E-Autos sind daher ideale Sportwagen!“

Tesla ist in der Vorreiterrolle.
Tesla zeigt, dass ein Elektroauto nicht zwingend nur ein kleines Auto für die Stadt sein muss. Rational gesehen ist ein elektrisches Stadtauto ja nicht völlig abwegig, allein wegen der Abgasproblematik und weil es keine große Reichweiten braucht. Tesla hat aber bewiesen, dass es noch einen Anspruch am oberen Ende gibt, wo sich Leute umweltfreundlich verhalten wollen und auch bereit sind, dafür Geld auszugeben.

Was kann Jaguar besser als Tesla?
Es sind keinerlei Kompromisse eingegangen worden und alles dort platziert, wo es hingehört. Die Batterien im Unterboden zum Beispiel, dem sichersten Platz im Fahrzeug. Außerdem hat der I-Pace Allradantrieb, weil dies die größten Freiheiten bei der Abstimmung erlaubt. Mit einem E-Motor vorn und einem hinten lässt sich das Drehmoment so verteilen wie man will und jedes mögliche Fahrverhalten erreichen. Zwei Motoren können außerdem mehr als doppelt so viel Strom rekuperieren, also statt 60 Kilowatt rund 50 mal mehr. Bei einem Verbrenner geht die Energie ungenutzt über die Bremse verloren.

Passt das Jaguar-Image zur E-Mobilität?
Warum nicht? Ein Elektroauto ist ein ideales Sportauto. Ich weiß, das klingt komisch. Aber eine hohe Leistung lässt sich mit weniger Aufwand darstellen als bei einem Verbrenner. Beim Elektromotor kann man beinahe beliebig viel Strom durchjagen und er liefert jede Leistung!

Beim sportlichen Fahren schrumpft doch die Reichweite sehr schnell, oder?
Keineswegs, viel weniger als bei einem Benziner. Beim Bremsen lassen sich 70 Prozent der Energie zurückgewinnen. Deshalb kann man ein Elektroauto viel ungestrafter dynamisch fahren.

Hört sich so an, als wäre ein Elektroauto der Traum eines Entwicklers …?
Ich bin überzeugt, dass die Elektromobilität mittel- und langfristig der richtige Weg für unsere Gesellschaft ist. Und noch einmal ein Auto mit Verbrenner zu entwickeln – das wäre für mich keine Herausforderung gewesen. Ich wollte ein herausragendes Elektroauto bauen. Mir fällt keine Stelle ein, wo wir einen Kompromiss eingegangen wären, um Geld zu sparen. Ich denke, das wird der Kunde honorieren, weil er sieht, dass wir ein ehrliches Auto gebaut haben. Nur um CO2-Werte zu erfüllen, kann man kein E-Auto in den Markt drücken. Der Kunde muss es gern kaufen!

Wie lange soll die Batterie halten?
Sie wird die Lebensdauer des Fahrzeugs überstehen. Das lässt sich nicht so in Jahren festmachen, viel mehr in Ladezyklen. Typischerweise halten Zellen etwa 1.000 Zyklen, also 1.000-mal voll aufladen, entladen und wieder vollladen. In unserem Fall wäre das eine Lebensdauer von ca. 500.000 Kilometern. Eine Batterie hat ihr Lebensende erreicht, wenn sie nur noch 75 Prozent der Anfangskapazität hat.

Warum tut man sich so ein Projekt mit 67 überhaupt noch an?
Soll ich etwa angeln gehen? Das kommt überhaupt nicht infrage!
Dr. Wolfgang Ziebart war vor seiner Tätigkeit bei Jaguar Land Rover unter anderem in verantwortlichen Positionen bei BMW und Continental sowie Vorstandsvorsitzender bei Infineon.

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